Ich dachte, ich könnte für mich selbst einen Weg finden, mit Trauer umzugehen, nachhaltig damit umzugehen, ich dachte, ich könnte diesen Weg auch anderen zeigen. Aber mittlerweile stehe ich vor der Tatsache, grandios daran gescheitert zu sein - ich habe keinen Weg gefunden. Ich bin keinen Schritt weiter gekommen in Wahrheit. Und ich habe mich selbst dadurch so an die Grenze getrieben, ich habe mir selbst dadurch die Kraft genommen. Denn nach zwei beziehungsweise drei Jahren anhaltender Trauer gibt es keine Quelle mehr, aus der man die Kraft nehmen könnte, so weiter zu machen. Es gäbe nur die eine Chance und diese hieße: loslassen. Doch das kann ich nicht tun. Ich kann es nicht, weil das hieße zwei Menschen gehen zu lassen, denen ich mein Herz schenkte, denen ich alles von mir gab und die alles von mir nahmen. Es hieße, diesen jahrelangen Kampf aufzugeben, es hieße, es zu akzeptieren, es hinzunehmen und sich damit abzufinden. Doch wie soll man das tun? Wie kann man loslassen, was man liebt? Wie kann man loslassen ohne zu fallen? Die Wahrheit ist, man kann es nicht, denn würde man es tun, wäre der Fall so unendlich tief. Es wäre ein Fall, den ich nicht abfangen könnte und es gibt keinen Menschen mehr, der ihn für mich abfangen würde - niemanden,der mich auffangen würde.
Heute vor zwei Jahren verstarb mein bester Freund an Krebs, heute vor zwei Jahren ließ er sein Leben los und mit diesem allen Schmerz und alles Leid und er ließ in dieser Nacht mich zurück. Und noch heute ist es manchmal so, als wäre es gerade passiert, als hätte er erst vor wenigen Augenblicken die Augen geschlossen, als wäre seine Hand in meiner noch warm, als könnte ich in seine Stimme noch in meinen Ohren nachklingen hören.
Doch dann öffne ich die Augen und nichts von dem ist wahr und nichts ist mehr übrig. Nichts als nachhallende Leere.
In Erinnerung an die erfüllteste und lebendigste Nacht meines Lebens.